"Malen ist eine Form des Denkens"

Werke von Richard Paul Lohse sind im Kulturhof Krönbacken zu sehen

Die Erkenntnis, daß Form durch Farbe entsteht, verdankt die Malerei den Impressionisten. Die Gestaltung eines Bildes in der optisch ausgeglichenen Reihe komplementärer oder stufenweise sich abdunkelnder Farbwerte zu suchen, ist als Radikalisierung dieser Erkenntnis die Leistung der aus dem Suprematismus und dem Konstruktivismus Piet Mondrians her kommenden Konkreten Kunst. Unter Zurücknahme des individuellen Gestaltungswillens des einzelnen Malers erstrebt die Konkrete Kunst den bewußten Umgang mit den objektiven bildnerischen Mitteln von Farbe, Fläche, Linie und Raum.

Als "modulare und serielle Ordnungen" bezeichnete Richard Paul Lohse (1902 - 1988) seine eigenen Arbeiten, die mit den Werken von Max Bill, Camille Graeser und Verena Loewensburg für die theoretische und experimentelle Weiterentwicklung der Konkreten Kunst nach 1945 stehen. Unter den modularen Ordnungen sind dabei zentrierte und in sich abgeschlossene farbrhythmische Gruppierungen zu verstehen, während die seriellen Ordnungen in Reihen harmonischer Farbabstufungen die Bildfläche gestalten. Richard Paul Lohse wird mit Arbeiten aus vier Jahrzehnten seit gestern im Kulturhof Krönbacken vorgestellt.

Die Retrospektive wurde von der Richard-Paul-Lohse-Stiftung Zürich auf Tournee geschickt und ist - dank der Initiative Frau Bierwischs vom Erfurter Forum Konkrete Kunst - in Erfurt bis zum 27. Juli zu sehen. Sie wird durch weitere Ausstellungen sowie einem Kolloquium zum Thema "Farbe - Konkrete Kunst" im Hause Dacheröden ergänzt werden. Vielleicht darf es darüber hinaus als Zeichen der Hochschätzung der Konkreten Kunst in Erfurt angesehen werden, daß der Kulturbeigeordnete Joachim Kaiser die Ausstellung im Beisein von Oberbürgermeister Manfred Ruge und Dr. Lettmann vom Wissenschaftsministerium eröffnete.

Cornelie Becker

Der hier wiedergegebene Text erschien zuerst am 10. Juni 1996 in der Thüringer Allgemeinen.