Ein Name, ein Programm, große Vorbilder

Der Künstlerbund "D 206 - Die Thüringer Sezession" geht in das siebente Jahr seines Bestehens

Ins siebente Jahr geht die im Juli 1990 gegründete Künstlervereinigung "D 206 - Die Thüringer Sezession". Motiviert durch den Austritt der Gründungsmitglieder aus dem Verband Bildender Künstler, verweist ihr Beiname auf große Vorbilder der Kunstgeschichte, auf die "Berliner" oder die "Wiener Sezession" der Zeit um 1900. Der enigmatische Name "D 206" selbst ist weitaus konkreteres Programm: Als "Sehnsuchtszug" (Schönemann) fuhr der D-Zug 206 zu Mauerzeiten von Warschau nach Paris. In Ost-West-Richtung durch Ausstellungen die Arbeiten der Thüringer Künstler bekannt zu machen, zur Diskussion zu stellen und hüben wie drüben nicht nur die ästhetische Wahrnehmung zu verändern, ist neben dem Versuch der künstlerischen Selbstbehauptung bei beginnendem Zwang zur Vermarktung der eigenen Kunst das gesellschaftspolitische Anliegen der "Thüringer Sezession". Horst Peter Meyer, Gisela Richter, Walter Sachs, Petra Wirth und Roger Bonnard initiiert die Gruppe, die dann zu ihrer Gründung außerdem Petra Albrecht, Reiner Ende, Philip Oeser, Friedrich und Sabine Rittweger sowie die Kunsthistoriker Jörg-Heiko Bruns, Peter Möller, Dr. Renate Müller-Krumbach und Herbert Schönemann zu ihren Mitgliedern zählte. Arbeiten des "D 206" waren bisher unter anderem in St. Etienne du Rouvray, Erfurt, Jena, Uelzen, Fulda, Gießen zu sehen.

Die Gruppe erfuhr vielfach Umgestaltung, wichtige Neuzugänge und wichtige Austritte wie den des ersten geschäftsführenden Vorsitzenden Meyer. Derzeit firmieren als "D 206" neben den Genannten Karl-Heinz Appelt, Uta Feiler, Ullrich Panndorf, Harald Gratz und als korrespondierendes Mitglied Gerd Mackensen. Nach Aufnahme außerdem der Künstler Ralph Eck und Helmut Senf scheint ein in der gemeinsamen Herkunft aus den Kunsthochschulen der DDR gründendes Bekenntnis zur Gegenständlichkeit kaum noch als einigendes Merkmal zu greifen.

Denn da ist eben Helmut Senf (*1933), der in den strengen Geometrien seiner Acrylmalereien, Emailarbeiten und Skulpturen die objektiven Mittel der künstlerischen Darstellung wie Farbe, Fläche, Linie und Raum als alleinigen Inhalt seiner Werke hervortreten läßt.

Da war immer auch Philip Oeser (*1929), der sich seit den 60er Jahre der ungegenständlichen Monotypie, dem Materialdruck, der ready-made-Collage oder dem künstlerisch gestalteten objet trouvé zugewendet hat. Mit einem von Eugen Gomringer geprägten Begriff ließe sich als "Eindruckskunst" von der "Ausdruckskunst" traditioneller Malerei und Graphik abgrenzen, wenn Oeser den zwar gestalteten, nicht aber in der Subjektivität eines künstlerischen Blicks gefilterten und vermeintlich individualisierten Abdruck der Welt aufbewahrt.

Da ist Ralph Eck (*1951), der in seinen Papierarbeiten den künstlerischen Ausdruck radikal auf die reine Präsentation des Gegenstandes reduziert: In rechtwinkligen Ritzungen und Faltungen schwarzen Tonpapiers inszenieren diese Arbeiten die perfekt Symmetrie korrespondierender Flächen.

Nicht die Konzeption der je eigenen Kunst eint die Mitglieder des "D 206" nun fast sieben Jahre. Was einigend bleibt, ist das große und kollegiale Engagement für die Thüringer Kunst.

Cornelie Becker

Der hier wiedergegebene Text erschien zuerst am 23. Juli 1997 in der Thüringer Allgemeinen.